Sōtatsu gilt als der Ahnherr der Rinpa-Schule. Diese seit 1615 staatlich anerkannte Kunstinstitution in Kyoto brachte neuen Wind in die Kulturlandschaft. Da das Kaiserhaus seit Beginn des 17. Jhs politische und wirtschaftliche Macht verloren hatte, kam es für viele vom Kaiserhaus abhängige Künstler zu finanziellen Engpässen. So verliess eine bedeutende Gruppe von Künstlern und Kunsthandwerkern den Hof und gründete etwas wie eine Künstlerkolonie im Südwesten von Kyoto.
Da in Japan Kunst sehr stark vom sozialen Umfeld bestimmt war, brachten diese Künstler den dekorativen alten yamato-e Stil mit, der fast ausschliesslich vom Hof gepflegt wurde, und erfüllten ihn mit neuem Leben. Sie erfanden neue Motive (oder mindestens neue Moitiv-Behandlungen) und mehrere neue Techniken.
Dieser neue Stil galt bald als extravagant und wurde auch von der Kanō-Schule, die eigentlich der Platzhalter der Kunst für die Potentaten der Shogun-Welt und der grossen Tempel war, eifrig studiert.
Dieses grossformatige Bild weist viele Charakteristika der Rinpa-Schule auf. Dazu gehört der Goldgrund – wie auf diesem Rollbild, das wohl ursprünglich von einer Schiebetüre stammt. Das Motiv der Eibe ist neu, es ist eine Motiverfindung vermutlich von Sōtatsu selber. Das Hauptcharakteristikum der Kultivierung des Linearen bei einem unbekümmerten Verzicht auf Realismus in der Rinpa-Schule ist auch in diesem Bild sehr ausgeprägt.
Zauberhaft sind die beiden kleinen Spatzen, die stilistisch an die Kanō-Schule erinnern; sie beleben das durch seinen Goldgrund fast sakral wirkende Bild des dekorativen Baumes auf erfrischende Weise.
Das Bild ist nicht signiert, weist aber den sog. I‘nen-Stempel auf, mit dem Sōtatsu viele Bilder signierte ohne zu unterschreiben.
Maße: 72cm x 193cm | Material: Seide mit Goldgrund