Kraniche, Kiefern | anonym | 18.Jh.

Kraniche, Kiefern | anonym | 18.Jh.

Kraniche und Kiefern sind Glücksymbole – der Kranich (oft auch mit der Schildkröte kombiniert) ist ein Sinnbild für langes Leben. Die immergrüne knorrige Kiefer ist Sinnbild für Beständigkeit und Widerstandsfähigkeit. Beide Motive sind mit diesem Bedeutungsgehalt in ganz Asien anzutreffen.

 Speziell an diesem Stellschirm ist die lebendige Darstellung der Kraniche. Sie sind nicht nur abstrakte Symbolträger, sondern Individuen mit Gefühlen und Beziehungen zueinander. Der Kranich links außen dreht seinen Kopf zurück nach rechts, da ihm ein anderer Kranich zuruft. Das ist eine „Konversations-Verbindung“. Der zweite Kranich von links bückt sich – verbeugt er sich vor dem rufenden Kranich? Die Kranich- Zweiergruppe, so darf man interpretieren, besteht aus einem Männchen, das ruft, und aus einem Weibchen, das sein Federkleid putzt (sich schön macht, wie das eben Weibchen zu tun pflegen). Steht dann rechts davon, als fünfter Kranich, ein Sohn, der schon bald erwachsen ist? Er schaut auch zum rufenden Vater nach links. Mit diesen Kopfwendungen der Vögel hin zum „rufenden Vater“ wird das Stellschirm-Bild inhaltlich zentriert.

Die Kiefer erfüllt mit ihrer Gestalt eine formal wichtige Aufgabe – sie schließt das Bild rechts mit ihrem Stamm ab und reicht mit einem Ast, wie ein Baldachin, zum rufenden Kranich in der Mitte. Die Kranichfamilie hat ein Haus, ein Dach; sie ist geschützt.

 Eine solche Familien-Interpretation einer Kranichgruppe ist sehr plausibel in der Edo-Zeit (1603-1867). In früheren derartigen Symbol-Malereien, sind die Siinbildträger meistens abstrakter. Ab dem 17. Jahrhundert wird der Konfuzianismus die beherrschende Ideologie. Sie legt ganz eindeutig und letztlich unbeugsam die Familienstrukturen fest. Jedes Individuum hat seinen klar definierten Platz in der Familie und - auf höherer Ebene - auch in der Gemeinschaft des Staates.

 Der Stellschirm ist nicht signiert, was fast die Regel ist in dieser Zeit. Stilistisch ist die Malerei der Kanō-Schule zuzuschreiben.

 

Masse: 64cm (x6) x 177cm  (totale Breite:ca 390cm) | Material: Papier 6-er Stellschirm (Tusch auf Goldgrund)

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