Maruyama Ōkyō ist der einflussreichste Maler des 18.Jhs: Er war der gesuchteste Künstler seiner Zeit (grosse Werke von ihm sind auch heute noch äusserst kostspielig), dann hatte er eine grosse Schülerschar, von denen viele eine beeindruckende Karriere einschlugen, und er stellte die japanische Malerei entschieden auf eine neue Grundlage. Bei seinem intensiven Kontakt mit europäischer Malerei beschäftigte er sich mit westlicher Perspektive, trieb ein geradezu wissenschaftlich anmutendes Studium der Natur, um das Handwerk eines Realisten zu meistern und arbeitete mit Licht und Schatten wie kein Maler zuvor. Ein Doppelstellschirm mit Kiefern gilt als herausragendes Meisterwerk in der Behandlung der Lichtführung (s. Bildzitat), denn das alte Motiv der Kiefer hat hier eine neuartige Formulierung gefunden - die Verbindung von Naturalismus und traditioneller Verwendung des Goldgrundes.
Genau mit diesem Licht/Schatten-Ansatz ist auch das vorliegende Rollbild gemalt. Zwei Kiefern (der zeitgenössische Konfuzianist sieht darin „Mann und Frau“ oder auch „Ying und Yang“) sind mit der plastischen Richtung und Drehung der Äste geradezu dialogisierend ins Hoch-Format gesetzt.
Die grössere Kiefer bildet zudem gleichsam einen Baldachin für ein Kranichpaar (wohl wiederum „Männchen und Weibchen“), und diese Winteridylle der Baum- und Vogelpaare wird von einer nur halb herausragenden, aber intensiv roten Morgensonne erwärmt.
Maße: 49cm x 183cm | Material: Seide