Guignard Kyoto Collection
Spatz auf Pflaumenblütenzweig | Kiyohara Yukinobu 清原雪信 | 1643-1682
Spatz auf Pflaumenblütenzweig | Kiyohara Yukinobu 清原雪信 | 1643-1682
Kiyohara Yukinobu stammt aus ganz illustrem Haus und ist wohl die berühmteste Malerin der japanischen Kunstgeschichte. Ihr Name Yukinobu verrät ihr Geschlecht keineswegs, aber sie signiert nach dem Familiennamen Kiyohara清原 (ihres Mannes:氏) mit dem Zeichen für „Frau“ 女, und dann kommt erst ihr Vorname Yukinobu 雪信. Yukinobu war die Tochter von Kusumi Morikage, einem eigenwilligen Schüler des großen Meisters Kanō Tanyū, und hatte als Mutter die Nichte eben dieses Meisters. Vermutlich waren es diese sehr speziellen Künstler-Familienverhältnisse, die es der jungen Frau erlaubten, eine Existenz als professionelle Malerin zu führen.
Malerei ist ja auch in Japan vor allem eine Männer-Domäne, und so ist es reizvoll, nachzuspüren, ob es in diesem Bild einer professionellen Malerin stilistisch gesehen weibliche Aspekte gibt. Die Bildstruktur als Ganzes wirkt fest verankert in der Tradition. Speziell ist aber, dass der Vogel hier keine Nachtigall, sondern ein Spatz ist. Spatzen werden üblicherweise eher mit Bambus konnotiert. Steckt in der Motivgestaltung - die weiße Pflaumenblüte als Inbegriff der männlichen Gelehrten-Blüte mit einem simplen Spatzen zu verbinden - eine kecke Absicht? Nun, Bambus ist auf dem Bild auch vorhanden, aber damit sind wir erst recht an die hehre Symbolwelt von „Kiefer-Bambus-Pflaumenblüte“, wo Kraniche zu erwarten sind, angebunden. Und so ist es auffällig, dass der Spatz liebevoll idealisiert wird – er wurde fast wie ein Juwel gemalt. Will etwa die Malerin diesen „geringen“ Vogel hier nobilitieren? Gibt es da einen Bezug zum Thema „Frau in einer Männerwelt“, vermittelt durch das hybride Motiv „Spatz mit Pflaumenblüte“?