Guignard Kyoto Collection
Reisebericht Triptychon eines Mönchs 旅の報告 | Tamada玉駄 (unbekannt) | 1767- ? (dat. 1831)
Reisebericht Triptychon eines Mönchs 旅の報告 | Tamada玉駄 (unbekannt) | 1767- ? (dat. 1831)
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Dies ist wohl die eigentümlichste Kalligrafie der Guignard Kyoto Collection. Es handelt sich um einen Reise- oder Pilgerbericht eines Mönchs, der alle reichen Eindrücke von seinen besuchten Orten festhalten wollte. Er hat sich auch selber porträtiert und verrät hier mit einem kaum wahrnehmbaren Zwinkern der Augen seinen Witz. Sein Priestername ist Tamada. Das erste Zeichen tama bedeutet „Juwel“, das zweite kennt man eigentlich vor allem in der Kombination dame, „schlecht“. Aber auch fast alle anderen Verbindungen, die das Zeichen ta eingeht, stellen etwas Negatives dar. Also würde dieser Priester auf Deutsch vielleicht „Erbärmlicher Edelstein“ oder „Juwelen-Armseligkeit“ heißen – wie man es nimmt: das ist nicht gerade ein Name, der Respekt heischt. Solche exzessive Bescheidenheit gefällt Mönchen oft.
Wahrscheinlich hat sich noch niemand die Mühe genommen, diesen Text zu lesen. Die Textbahnen sind 130cm lang, und die Zeilen sind sehr eng nebeneinandergesetzt. Man schafft das Lesen nur, wenn man vor der aufgehängten Rolle für den unteren Teil in die Hocke geht. Dass man nach dem Aufstehen den nächsten Zeilenbeginn erwischt, ist problematisch…
Doch wie hat der Mönch geschrieben? Lange Formate wurden in der Regel am Boden gemalt, doch dann musste auch der Schreiber mindestens viermal die Position wechseln, um eine Zeile zu schreiben…
Wie muss man also diese Kalligrafie verstehen? Wahrscheinlich hatte der Mönch nicht im Sinne, sich effektiv mitzuteilen. Er schrieb diesen Bericht für sich, und obwohl der Schriftstil sehr elegant und flüssig ist, wollte er bestimmt Zeit brauchen - er wollte seine kostbaren Erlebnisse nicht schnell hingeworfen haben. Der äußerst mühsame Schreibvorgang sollte ihm wohl die Tiefe seiner Erlebnisse fühlbar machen; und am Schluss sollte die ganze Reise als Triptychon an einer Wand sichtbar werden - aber eigentlich nur verständlich für ihn selbst, nicht für jedermann.
Wir haben es also hier auch mit einer Meta-Sprache zu tun: Der Pinselduktus ist sehr lebendig – auf Phasen dunkler Zeichengruppen folgen solche mit dünnflüssiger Tinte. Damit entsteht ein faszinierendes, zartes Gewebe von großem Textur-Reichtum. Nur wenn wir diesen auf uns wirken lassen, erleben auch wir etwas von dem tiefen Vergnügen, das dieser Mönch auf seiner Pilgerreise erfahren hat.




